Mono, Poly & Co

Dein Wissens-Podcast rund um Beziehungsgestaltung

#96 - FAQ mit Lou - Grenzen unabhängig setzen & ungewollte Schwangerschaft

inkl.: Transparenz vs. Schutz durch Heimlichkeit & Erreichbarkeit während Dates

10.08.2025 59 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser FAQ-Folge spricht Sonja mit Lou (ehemals Luna) über Lous Outing und beantwortet eure Fragen zu Transparenz, Grenzen und Schwangerschaft im Polykül.

Lou, früher als Luna bekannt, ist zurück und teilt offen die eigene Reise als nicht-binäre Person. Gemeinsam mit Sonja werden in dieser sehr persönlichen FAQ-Folge eure tiefgehenden Fragen beantwortet. Es geht um die Balance zwischen Ehrlichkeit und Schutz, das Setzen von Grenzen und den Umgang mit heiklen Themen wie Notfällen bei Dates oder einer ungewollten Schwangerschaft.

📌 Themen dieser Folge
  • Lous persönliches Outing als nicht-binäre Person
  • Transparenz vs. Heimlichkeit bei der Beziehungsöffnung
  • Wie Mensch Grenzen für sich selbst setzt, unabhängig von anderen
  • Umgang mit Erreichbarkeit und Notfällen während Dates
  • „Richtige“ und „falsche“ Gründe für eine Beziehungsöffnung
  • Strategien zum Umgang mit einer ungewollten Schwangerschaft im Polykül
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Transkript

Hallo, herzlich willkommen bei Monogamie, Polyamorie und Co., dem Podcast für alle Formen von Beziehungen. Mein Name ist Sonja Jüngling, ich bin Paar- und Sexualberaterin Workshopleiterin, Aufklärerin, Mutter, Naturliebhaberin, Musikerin, Dresseurin, Grenzgängerin und Gegensatzaushalterin. Zusammen mit meinem wunderbaren Helferlein Luna möchte ich Wissen und Verständnis weitergeben für alle Formen von und Wünsche in Beziehungen. Unter anderem wirst du in jeder Folge unseres Podcasts finden... Unterstützung für ganz individuelle Lösungen in Beziehungsformen, nicht nur, aber auch abseits unserer westlich gelebten Norm. Wissen, Impulse, Tipps und Tricks für höhere Beziehungsqualität und ganz viel Infos rund um das Thema gute Beziehungen und Selbstversorgung. Ganz wichtig ist uns noch zu sagen, dass das Hören dieses Podcasts dir viel geben kann, gleichzeitig allerdings keine Paarberatung oder Therapie ersetzen kann und, dass es unheimlich sinnvoll sein kann, sich früh eventuell sogar gemeinsame Unterstützung in welcher Form auch immer zu suchen. Schaff Raum für das, was dich bewegt und nun viel Spaß mit der heutigen Folge. Hallo zusammen, willkommen zu einer neuen FAQ-Folge hier bei Mono, Poly & Co. Vor mir sitzt natürlich virtuell über dem Monitor, nicht direkt vor mir, Lu. Hallo Lu.
Lou
00:01:33
Hallo Sonja.
Sonja Jüngling
00:01:36
Ihr wisst vielleicht nicht, wer Lou ist, weil... Ja, wie sage ich das jetzt? Wir haben im Vorgespräch beschlossen, dass ich jetzt rumheiern darf, weil es macht mich auch ein bisschen nervös. Ich möchte es auf jeden Fall richtig machen. Lou hieß früher Luna. Und als ich Lou kennengelernt habe, hat sich Lou noch als weiblich identifiziert. Und das hat sich über die zwei, einhalb, drei Jahre, die wir uns kennen, sehr verändert. Und bevor ich Lou jetzt zu Wort kommen lasse und frage, wie genau das jetzt eigentlich ist, möchte ich noch erzählen, dass Geschlechtlichkeit zwischen uns beiden, also Lou ist ja weiblich, Also ohne Lu gäbe es diesen Podcast nicht. Lu war von Anfang an dabei und hat am Anfang alles gemacht, was ich nicht konnte. Und wir haben immer wieder über das Thema Geschlechtlichkeit gesprochen, auch weil das bei mir immer wieder Thema war. Und Lu und ich haben sogar versucht, eine Folge zu Geschlechtlichkeit aufzunehmen und haben die auch aufgenommen und waren dann beide an unterschiedlichen Stellen unzufrieden damit und haben uns beraten und haben beschlossen, sie nicht mehr zu senden. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich immer noch voll fein damit bin, wenn ich weiblich gelesen werde, dass ich aber immer wieder Momente habe, wo es sich komisch anfühlt, dass ich weiblich bin, wo es sich komisch anfühlt, dass ich Brüste habe und dass ich eine weibliche Stimme habe. Ich bin aber insgesamt fein damit. Ich kann damit leben, als sie angesprochen zu werden. Allerdings benutze ich in einem Kontext, wo das okay ist, wo ich weiß, dass Leute damit umgehen können, lieber den Namen Sonne, weil der für mich neutraler ist. Und ich versuche, also wenn ich das kann, auch zu schreiben, dass ich keine Pronomen möchte, weil ich das einfach schöner finde. Genau. So viel ist bei mir passiert. Bei dir ist ein bisschen mehr passiert, Lu. Magst du uns vielleicht erstmal mitnehmen? Also ich will da gar kein großes Ding draus machen. Es ist natürlich riesengroß. Unter anderem deswegen, und da bin ich jetzt mal ganz ehrlich, ich habe dich in meinem Telefonbuch, glaube ich, sechsmal umbenannt. Und es stehen immer noch jetzt alle Namen da, damit ich am Ende immer noch weiß, weil ich habe ja sowieso ein Problem mit Namen, mir die zu merken. Genau. Wie heißt du gerade? Wie wirst du am liebsten genannt? Welche Pronomen nutzt du und wie identifizierst du dich gerade? Ja.
Lou
00:03:43
Also ich bin nicht binär. Ich nehme seit eineinhalb Jahren Testo. Pronomen sind mir für mich recht egal. Jetzt habe ich die anderen Fragen vergessen.
Sonja Jüngling
00:03:54
Wie wirst du am liebsten genannt?
Lou
00:03:56
Ach ja, richtig. Ja, Lou oder Jill. Das ist mir gleich.
Sonja Jüngling
00:04:00
Und hat sich schon ein Name irgendwie etabliert, wie du am meisten genannt wirst?
Lou
00:04:05
Naja, am meisten so. Ich hatte mir so überlegt, dass das als Übergang von Luna irgendwie so wahrscheinlich am einfachsten zu merken ist für alle und am einfachsten umzusetzen. Und ich finde, das passt auch ganz gut zu mir.
Sonja Jüngling
00:04:21
Sehr gut. Aber auch Jill hörst du auch?
Lou
00:04:23
Ja.
Sonja Jüngling
00:04:24
Und wenn du unterschreibst irgendwo, mit was unterschreibst du?
Lou
00:04:27
L-Punkt.
Sonja Jüngling
00:04:31
Ja, genau. Und ich habe selbst Kontakt mit nichtbinären Personen und die erzählen mir immer lustige Geschichten, wie sie beim Straßenverkehrsamt in der Dreiviertelstunde mit dann allen Personalführenden sitzen, weil... Das mit dem Namen nicht klappt. Bei dir ist der Namenseintrag auch schon geändert.
Lou
00:04:52
Genau, seit März. Hat das alles gut funktioniert?
Sonja Jüngling
00:04:55
Seit März, Glückwunsch. Hat das alles gut funktioniert?
Lou
00:04:58
Ja, doch, also erstaunlich gut. Das ist halt nervig, erst die drei Monate zu warten, aber naja, so ist halt die gesetzliche Lage im Moment. Es ist aushaltbar. Und beim Termin habe ich irgendwie mit mehr Schwierigkeiten gerechnet, aber das lief irgendwie alles komplett reibungslos.
Sonja Jüngling
00:05:17
Sehr schön. Prima. Ja, wie schön, dass das geht. Genau, also wir sind ja hier heute für eine FAQ-Folge, aber für die regelmäßig hörenden Personen ist es ganz wichtig, also Wenn ihr irgendwo seht, Luna, Lou, Jill, das ist alles ein und dieselbe Person. Und wir versuchen auch, das nach und nach jetzt umzuändern. Und ich finde es richtig schön, dass du da so entspannt mit bist, Lou. Also weil manchmal sind wir dann doch noch ein bisschen im Team unsicher, welche Pronomen. Und dann hampeln wir ein bisschen rum und du bist da total entspannt. Das finde ich richtig schön.
Lou
00:05:47
Ja.
Sonja Jüngling
00:05:49
Sehr schön. Okay, wollen wir starten? Willst du mir zuerst, also nein, das sind zwei Fragen in einem, wollen wir starten?
Lou
00:05:55
Yes, sehr gerne.
Sonja Jüngling
00:05:57
Sehr schön. Wir haben uns vorher ein paar Fragen rausgesucht und wir haben aber noch nicht inhaltlich darüber gesprochen. Und ich würde sagen, du fängst mal an mit einer, was albern ist. Also du liest ja quasi nur vor, weil wir haben ja sogar schon eine Reihenfolge. Ja.
Lou
00:06:12
Genau.
Sonja Jüngling
00:06:13
Magst du anfangen?
Lou
00:06:14
Yes. Sollte man auf dem Weg eher total transparent sein oder durch weitere Heimlichkeitsschützen zum Thema Öffnung?
Sonja Jüngling
00:06:23
Genau, es geht da um den Bereich Beziehungsöffnung und die Frage kann ich total gut verstehen, weil ich bin ja totaler Freund von Transparenz, aber Transparenz kann ja auch verletzen und Transparenz kann ja auch Prozesse anstoßen, die vielleicht gerade zu viel sind oder auf die ich gerade keine Lust habe. Aber die Frage ist natürlich, was ist das Gegenteil von Transparenz? Ist das dann intransparent? Das wäre die Frage, aber ich glaube, genau darauf zielt es. Und die Frage impliziert es ja auch, oder durch weitere Heimlichkeiten schützen. Und das ist eine Frage, wo ich wie immer darauf antworten kann, kommt darauf an, finde ich, weil das kommt wirklich darauf an, um was für Heimlichkeiten geht es gerade. Ja. Und sicherlich, wenn ich beschließe, die Beziehung zu öffnen und gegebenenfalls sogar aus der Heimlichkeit heraus zu gehen, weil es schon Heiligkeiten gab, dann ist natürlich die Frage, wie viel Heimlichkeit auf einmal verträgt diese Beziehung. Ja. Was mir da aber wichtig wäre, ist, also ich glaube nicht daran, dass... Wenn ich beschließe, eine Beziehung zu öffnen und alles transparent zu haben, dass das sofort von einem auf den anderen Tag geht, weil wir alle gelernt haben, mehr oder weniger intransparent zu sein, nicht weil wir Arschlöcher sind, sondern weil wir die andere Person schützen wollen. Und ich glaube, dass das ein langsamer Prozess sein muss, aus dieser Heimlichkeit in die totale Ehrlichkeit zu kommen und dass es wichtig ist, da gut drauf zu achten, wie viel Ehrlichkeit vertrage ich. Und wie viel Ehrlichkeit verträgt man gegenüber? Und ich glaube, dass es gut ist, nicht alles sofort rauszuhauen. Auch bei radikaler Ehrlichkeit ist es ja wichtig, rücksichtsvoll und im guten Kontext das zu sagen. Allerdings, Heimlichkeiten wären mir schon zu krass. Also durch weitere Heimlichkeiten schützen, sagt die Frage. Das bedeutet ja, ich lüge an manchen Stellen vielleicht weiter. Und das finde ich zum Beispiel, das wäre bei mir eine Grenze, die ich nicht überschritten sehen möchte. Also ich kann damit leben, wenn mein Gegenüber, weil es noch nicht so weit ist, Dinge nicht ausspricht. Und ich lade Menschen auch dazu ein, wenn ein Konflikt da ist und die Person traut sich das aber noch nicht anzusprechen, heimlich zu sein. Aber wenn es darum geht, dass ein Regelbruch oder eine Regelabweichung oder eine Regelunsicherheit nicht transportiert wird, nicht kommuniziert wird, dann ist das für mich eine Sache, die... für mich grenzüberschreitend wäre und die ich nicht wollen würde. Aber am Ende entscheiden das die Menschen selber, die das machen, weil die Frage darf an dieser Stelle auf jeden Fall sein, wie viel willst du wissen? Und da verweise ich gerne auf die Folge Don't Ask, Don't Tell. Die ist zwar für diesen Fall nicht ausgelegt, aber die macht das Thema einfach nochmal auf. So, das wäre meine Antwort. Das kommt immer drauf an. Die Leute dürfen das selber entscheiden und die sollten sich darüber austauschen, wie transparent sie sein wollen und wie viel Heimlichkeit es noch geben darf. Ja. Was sagst du, Lu?
Lou
00:09:20
Ich finde auch, es kommt da voll drauf an. Ich würde darüber sprechen, was dem Gegenüber wichtig ist zu wissen und wie viele Details jede Person, also wie viel Offenbarung quasi für jede beteiligte Person okay ist. Es kann ja zum Beispiel auch sein, dass, ich sage jetzt mal, die dritte Person im Bunde nicht damit fein ist, wenn zum Beispiel... sexuelle Details oder so weitererzählt werden. Das ist ja auch noch mein Punkt.
Sonja Jüngling
00:09:52
Ja, voll wichtig. Ich nikke hier die ganze Zeit. Das sehen die Hörenden natürlich nicht. Das ist ein total wichtiger Punkt. Also davon hängt das auch ab. Ja, voll gut. Genau. Okay, habe ich alles zu der Frage gesagt und hast du alles zu der Frage gesagt, was wir sagen möchten? Ich denke nochmal kurz nach. Also ich würde sagen, ich sollte eher transparent sein. Totale Transparenz ist etwas, was einen weiteren Schritt braucht, weil totale Transparenz, ich lebe selber in mindestens einer Beziehung radikaler Ehrlichkeit, die anderen versuche ich alle ein bisschen in die Richtung zu kriegen, weil mir das leichter fällt, aber radikal ehrlich zu sein, Das ist schon, it's a handful. Und manchmal sage ich auch, stopp, heute möchte ich keine radikale Ehrlichkeit.
Lou
00:10:38
Mir fällt auch noch ein weiterer Punkt ein. Und zwar finde ich es schwierig zu definieren, wo da die Grenze zu Oversharing ist.
Sonja Jüngling
00:10:48
Voll. Ja. Oversharing bedeutet, dass ich Sachen sage oder Sachen höre, die mir eigentlich zu viel sind. Und manchmal merke ich das erst nachher. Und da hast du total recht, diese Grenze zu spüren und zu beachten, wie viel da eigentlich zu viel ist, ist in dem Zusammenhang auch total wichtig. Ja. Aber mir ist nochmal wichtig, also Heimlichkeit zu spüren. Also wenn es um einen Regelverstoß geht, ist Heimlichkeit die Grenze zwischen konsensueller und nicht konsensueller nicht monografisch.
Lou
00:11:24
Ja.
Sonja Jüngling
00:11:26
Also der Unterschied zwischen Cheating, ich gehe fremd und sage niemandem was und betrüge mein Gegenüber und wir leben einvernehmlich nicht monografisch. Und jeder darf in einem gewissen Rahmen, jede Person darf in einem gewissen Rahmen tun, was sie will. Der Unterschied, die Grenze dazwischen ist die Heimlichkeit. Und das sich bewusst zu machen ist ganz wichtig. Und ich reite da so ein bisschen auf dem Wort rum. Die Frage könnte natürlich auch ersetzt werden durch weitere Fragen. Unterschlagung von Informationen? Nee, weiß ich nicht. Wie kann man es anders formulieren? Aber es muss nicht sein, dass ich wirklich immer alles sage, siehe Don't Ask Don't Tell Folge. Allerdings, wenn es um Regeln innerhalb der Nichtmonogamie geht, ist es, glaube ich, wichtig, dass ich da ehrlich bin. Ich finde, ich darf auch mal ein, zwei Tage warten, wenn die Situation einfach gerade nicht passt, weil ich meinen Partner nicht sehe und ich es dann asynchron, also über Messenger schicken muss oder sowas. Da darf ich schon aufs nächste Treffen warten, aber dann spätestens muss es kommen. Ja, meiner Meinung nach. Okay, gut. Nächste Frage? Soll ich sie stellen? Ja. Ne, warte, genau. Ich bin ja dran. Ach ja, ach, das ist die Frage. Ich bin ja dran. Genau, also die Frage ist, wie setze ich Grenzen um, unabhängig von anderen Menschen? Ich mache mal auf, Lu, das war ja deine Frage. Deswegen ist es jetzt besonders lustig, dass ich dir die Frage zuerst stelle.
Lou
00:12:49
Oh, verdammt. Ich wollte eigentlich deine Antwort dazu hören.
Sonja Jüngling
00:12:54
Ja, aber sicher genau in dem Moment, genau bei der Frage wäre es wichtig, weil wenn ich dir erstmal geantwortet habe, dann bist du ja auf jeden Fall gebiased. Also was wäre deine Antwort darauf? Wie setze ich Grenzen um, unabhängig von anderen Menschen? Wenn du magst, kannst du auch ein bisschen erzählen, warum diese Frage bei dir überhaupt aufgetaucht ist.
Lou
00:13:14
Genau, bei unserer Folge Grenzen, ich weiß nicht mehr, ob Teil 1 oder Teil 2, haben wir zwei Teile? Ich bin mir nicht sicher.
Sonja Jüngling
00:13:24
Ja, wir haben zwei Teile mit jemals verprachtest worden.
Lou
00:13:28
Da hattest du gesagt, irgendwie sowas, dass es wichtig ist, dass die Grenzen unabhängig von anderen Menschen gesetzt werden, also beim Thema Kommunikation. Und dann kam halt die Frage, wie geht das überhaupt? Also auch schon für mich, weil ich letztens eine Erfahrung gemacht habe, wo es so um emotionale Abhängigkeit ging. Und, um... Vielleicht bin ich da noch ein bisschen zu sehr drin, um da konkretere Ideen für zu haben. Also vom Mindset her.
Sonja Jüngling
00:14:14
Ja, okay. Und wir sind ja in der FAQ-Folge und du darfst ja lustig raten. Was wäre deine Antwort darauf, wie das gehen könnte? Was ist deine Idee?
Lou
00:14:23
Naja, ich glaube, das lässt sich ja runterbrechen auf, was darf welche Person. Also wahrscheinlich ist es schwierig, jemand anderem vorzuschreiben, was die Person darf und was nicht. Und wahrscheinlich ist genau das der Knackpunkt.
Sonja Jüngling
00:14:44
Mhm. Ja, ich muss gerade an diesen Satz denken, meine Freiheit endet, wie geht die noch, steht sogar im Grundgesetz. Die Freiheit des einen endet da, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird. Irgendwie sowas in der Richtung. Und ich denke, da in die Richtung geht es ja so ein bisschen. Mhm.
Lou
00:15:06
Genau.
Sonja Jüngling
00:15:06
Weil wenn es darum geht, du oder ich... Und wir denken ja oft, dass das immer so ist, aber oft ist es ja gar nicht so. Aber es gibt natürlich Situationen, wo entweder die eine Person kriegt, was sie will oder die andere. Da ist dann halt die Frage, darf ich da meine Grenze behalten? Ich würde gerne, bevor ich antworte, auf die emotionale Abhängigkeit noch eingehen. Also ich finde das einen ganz, ganz wichtigen Punkt. Das wird immer so negativ behaftet. Du bist ja emotional abhängig. Das ist eine Beziehung mit emotionaler Abhängigkeit. Und natürlich gibt es das auch in krankhafter Form. Es gibt sogar eine Persönlichkeitsstörung, die eben die dependente Persönlichkeitsstörung, wo es darum geht, dass diese Person immer abhängig ist von allen Herzensmenschen, weil das eben ein Persönlichkeitsaspekt ist. Aber eine gewisse Form von emotionaler Abhängigkeit habe ich mit allen Menschen, die mir nah sind. Also nehmen wir an, wir beiden würden uns immer treffen, um darüber zu reden, wie der beste Aufschlag beim Badminton ist. Dann bin ich emotional von dir abhängig, weil du bist mein Sparing-Partner, was dieses Thema angeht. Eine gewisse Form von emotionaler Abhängigkeit habe ich immer, sobald eine Person einen Wert für mich hat. Die Frage ist halt, wie viel Leidensdruck resultiert daraus? Also wenn du mir sagst, ich mag mit dir nicht mehr über Badminton spielen, breche ich dann zusammen oder denke ich mir, oh Mann, wie schade, magst du vielleicht einen Grund nennen, nein, ja, aber... Okay, dann überlege ich mal, ob ich mir jemand anderen suche oder ob ich damit leben kann, nicht mehr darüber zu reden. Wenn es diese Form von emotionaler Abhängigkeit ist, dann ist es kein Problem. Also es wäre schlimm, wenn wir nicht abhängig wären von anderen Menschen, wenn wir nicht den Wert der anderen Person schätzen würden. Es könnten natürlich die Buddhisten sagen, naja, aber das ist Anhaftung und bla bla bla. Aber es wäre schlimm, wenn wir nicht abhängig wären von anderen Menschen. eine gewisse Form von ich brauche dich, ich will dich. Also es ist halt auch so nah beieinander. Ich brauche dich und ich will dich. Und ich finde, das ist insgesamt gar nicht so schlimm. Aber, weswegen ich überhaupt darauf komme, wir sind alle ja mit einer gewissen Form von emotionaler Abhängigkeit groß geworden, weil Kindheit ist emotionale Abhängigkeit. Und sich daraus zu befreien, ins Erwachsenengefühl zu kommen, das gelingt nicht vielen Menschen oder das gelingt häufig nicht, Und ich habe auch den Eindruck, das gelingt männlich sozialisierten Personen anders als weiblich sozialisierten Personen. Also Studien zeigen ja durchaus, dass auch Männer, männlich sozialisierte Menschen emotional abhängig sind, die handhaben das anders, aber... Und uns Frauen, uns weiblich sozialisierten Menschen, und du bist ja eine weiblich sozialisierte Person, wird häufig eingebläut, Männer wissen es eh besser, Männer können es eh besser. Und du hast zu zweifeln und keiner eine eigene Meinung zu haben. Also natürlich wird uns das nicht wörtlich so gesagt, aber mit dem Gefühl wachsen wir ja vielfach auf. Deswegen ist unter anderem mehr sexueller Missbrauch auch so ein großer Punkt, weil wir immer davon ausgehen, wenn der Mann, mir erzählt, dass das richtig so ist, dann hat der wahrscheinlich recht, auch wenn ich denke, es ist falsch so. Und das ist einfach ein ganz wichtiger Punkt, sich klarzumachen, wir alle sind in einer gewissen Form von emotionaler Abhängigkeit, selbst wenn wir das Erwachsenwerden und das Herauslösen der kindlichen emotionalen Abhängigkeit ordentlich gelöst haben, was nicht bei vielen Menschen der Fall ist. Ja, oder was bei vielen Menschen nicht der Fall ist. Ich will da gar keine, also ich weiß nicht, ob das 20 Prozent oder 80 Prozent oder 10 sind. Nur ich sehe das in meinem Coaching, dass es viele eben diesen Schritt noch nicht getan haben. Und genau, darauf wollte ich gerne eingehen. Jetzt zurück zu deiner Frage. Ich glaube, der wichtige Schritt dahin, grenzenunabhängig von anderen Menschen setzen zu können, ist erstmal diese Grenze wirklich zu spüren. Und das ist gar nicht so einfach. Nehmen wir mal das einfache Thema beleidigen, was ja oft grenzüberschreitend ist. Aber ich bin wahrscheinlich relativ... Ich bin relativ klar darin, dass es eine Grenzüberschreitung wäre, wenn ein Herzensmensch mir ganz ernsthaft sagen würde, boah, du bist so ein Arsch. Also nicht im Affekt oder aus dem Witz heraus, sondern wirklich ernsthaft. Das wäre für mich klar, das ist eine Grenzüberschreitung. Aber was wäre mit, boah, du bist dumm? Oder was wäre mit, boah, du hast aber einen dicken Bauch? Ist das schon grenzüberschreitend? Ja, also da ein Gefühl zu kriegen, was ist eigentlich meine Grenze, ist glaube ich der erste Schritt, um diese Grenzen unabhängig von Menschen treffen zu können und du hast in deiner Erzählung, wie die Frage zustande gekommen, ja schon gesagt, manchmal geht das auch gar nicht, weil... Der Typ an der Bushaltestelle darf mich natürlich anders anfassen, nämlich gar nicht, als mein Herzesmensch. Und ich glaube, das, was ich meinte damit, unabhängig von anderen Menschen, ist halt, dir klarzumachen oder sich klarzumachen, dass in der Situation, wo ich merke, das fühlt sich grenzüberschreitend an für mich, die andere Person keine Rolle spielen sollte. Schutz geht vor Sehnsucht. Also das gilt natürlich nicht, wenn ich zehn Jahre lang sage, ich will eine offene Beziehung und die andere Person bewegt sich nicht, weil sie sich schützen will. Irgendwann muss natürlich dann die Sehnsucht auch zählen. Aber im Zweifelsfall ist Schutz wichtiger als Sehnsucht in einem körperlichen Kontext zum Beispiel. Und sich da unabhängig machen zu können davon, ob die andere Person das jetzt doof findet oder nicht. Also wir reden hier nicht von einer Vorliebe, wir reden hier von einer Grenze. Also das heißt, wir reden davon, wenn das doch passiert, werde ich, die die Grenzverletzung dann erlebt, langfristige negative Konsequenzen haben. Das wird mein psychisches und körperliches Wohlbefinden beeinträchtigen. Ich rede hier nicht immer von Traumatisierungen. Es kann auch sein, dass was passiert ist, wo ich hinterher merke, das wollte ich eigentlich gar nicht und dann rede ich da mit drei Leuten drüber, nehme mich dreimal in den Arm und alles ist gut. Aber es kann eben auch anders laufen. Und da klar zu haben, es darf Momente geben, wo du einfach wichtiger bist als der ganze Rest der Welt. Und das meine ich mit Grenzen unabhängig setzen. Natürlich darf ich Rücksicht darauf nehmen. Also es macht einen Unterschied, ob ich sage, ich merke gerade, das geht nicht, kannst du die Hand da bitte wegnehmen? Oder ob ich sage, du Pisser, nimm die Hand da weg. Das ist ein Riesenunterschied, beides setzt eine Grenze. Aber wenn du es nicht schaffst, in dem Moment freundlich und höflich zu sein, dann darfst du die Hand auch verdammt nochmal wegschlagen. Und das meine ich, wenn es wirklich eine Grenze ist, wenn du wirklich merkst, das geht für mich nicht, dann musst du diese Grenze setzen können und dürfen und dafür nicht gescholten werden, egal wie du es tust. Natürlich kann die andere Person angepisst sein darüber, dass du es scheiße gemacht hast, aber die Grenze muss trotzdem akzeptiert sein und in dem Moment solltest du zählen und nicht die andere Person. Ja, in dem Moment sollte klar sein, oh, ich nehme mal besser die Hand da weg und dass ich gehauen wurde und meine Hand jetzt wehtut, das sprechen wir vielleicht in zehn Minuten mal an, wenn wir uns wieder beruhigt haben. Aber erstmal sollte die Grenze zählen. Macht das irgendwie Sinn für dich?
Lou
00:22:12
Ja, das beruhigt mich sehr und spricht mir sehr aus der Seele. Also sowohl das, was du zur emotionalen Abhängigkeit gesagt hast, als auch zum Thema Grenzen. Das beruhigt mich sehr.
Sonja Jüngling
00:22:25
Magst du teilen, und nein ist natürlich total okay, aber magst du teilen, was dir deine Unsicherheit gegeben hat?
Lou
00:22:35
Ich habe es schon so im Gefühl, dass es schwierig ist, wenn komplette emotionale Autonomie erwartet wird. Und das war gerade so eine Art Bestätigung für mich und so ein, okay, du musst jetzt nicht von heute auf morgen alles skippen. Ja.
Sonja Jüngling
00:23:03
Ja, verstehe ich. Ja, die Erwartung absoluter emotionaler Autonomie. Das finde ich aber auch schwierig, weil wir sind ja soziale Wesen. Wir haben immer einen Gemisch aus Co-Regulation und Selbstregulation. Ja. Ich frage mal in der Richtung nicht weiter, weil sonst kommen wir mit den Fragen nicht rum. Aber das ist genau die Stelle, die mich voll interessiert. Aber das ist auch wirklich eine schwierige Stelle. Okay, danke für diese Frage, Lu. Ich bin wieder dran. Ich habe eine Frage zur Kommunikation. sag. War ich jetzt nicht dran? Wenn Lu Gedanken hat oder was erzählen will oder so, dann legt Lu immer den Finger an die Nase. Das ist total schön, weil ich dann immer weiß, da ist was.
Lou
00:23:45
Und um den Gedanken nicht zu vergessen.
Sonja Jüngling
00:23:47
Ja. Ja, genau. Warte mal. Also ich habe dir die Frage gestellt, wie setze ich unabhängig von anderen Menschen Grenzen? Das heißt, du musst mir jetzt eine stellen. Stimmt, du hast recht.
Lou
00:23:59
Thema Kommunikation. Wie macht man das mit der Kommunikation und Erreichbarkeit mit für andere Partneys, während eins bei einem Partner ist?
Sonja Jüngling
00:24:10
Da habe ich die Frage noch nicht sauber abgeschrieben, weil ich möchte gerne Mann grundsätzlich durch eins oder jede Person ersetzen und das habe ich da noch nicht gemacht, genau. Ja, tja, wie macht man das? Wie macht eins das? Kommt drauf an. Ich mache das transparent und sage einfach, also ich bin ganz schlecht, wenn ich sehr schön beschäftigt bin, bin ich ganz schlecht mit meinem Handy und ich sage üblicherweise Bescheid, wie gut ich erreichbar bin oder von wann bis wann ich nicht erreichbar bin und die Leute, die mit mir regelmäßig Austausch haben, die wissen das auch schon. Also ich... Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Hintergrund dieser Frage ist. Und das sehe ich auch in so Polygruppen immer wieder, dass das wirklich ein Riesenthema ist. Was ist, wenn ich meinen Partner brauche und das gerade bei einer anderen Person, bei einem anderen Partner ist. Und ich habe jetzt letztens auch einen Fall in der Beratung gehabt, wo zwar die Person eingeladen wurde, sich zu melden, während der Center mit der anderen Meta Zeit verbracht hat, aber meine Klientin hat sich nicht getraut. Und ja, das ist wirklich eine tricky Sache. Also ich finde es wichtig, eine generelle Einigung zu haben, die für alle gut passt und zwar alle drei beteiligten Personen in dem Fall, also die Person, die nicht mit im Raum ist und die beiden Personen, die zusammen sind. Und da eine Einigung zu finden ist gar nicht so leicht. Wenn das keine Kitchentable oder Gartenparty-Poly ist, dann muss die Einigung darüber über den Center gehen und die Center-Person auch die Verantwortung übernehmen. Und ich finde, da sollte es zwei Modi geben. Einmal ein... Wie es immer ist, also was ist, wenn ich einfach ein Ärztin schicken will oder was ist, wenn ich eine Frage zu einer Verabredung in drei Monaten habe, wie gehe ich damit um und wie muss mein Partner damit umgehen und Notfall. Also habe ich die Möglichkeit anzurufen, was ist überhaupt ein Notfall? Ist ein Notfall nur, wenn ich einen Ärztinfarkt habe oder auch wenn ich eine emotionale Krise habe? Also ist emotionale Krise immer okay oder nur, wenn es die Person betrifft, die ich jetzt gerade auch kontaktieren will? Also ich glaube, da ist es wichtig, einen Umgang zu finden und auch immer wieder darüber zu reden, was hat gut funktioniert, wie ging es mir jetzt bei dem Date, habe ich mich getraut. Also am besten sogar schon bevor es Probleme gibt, darüber reden, also über hypothetische Fälle reden und wie ging es mir jetzt, also wenn ich über hypothetische Fälle rede und mich dann mit meiner Partnerperson einige und die Partnerperson sagt, ja, ich glaube, das ist für die andere Person auch okay, kann sie in dem Moment ja natürlich noch gar nicht sicher sagen. und deswegen entscheide ich, das machen wir so. Die Entscheidung liegt an dieser Stelle immer beim Center und dann wird das so gemacht und dann im Nachgang nochmal zu gucken, wie ging es allen Menschen damit und nachzujustieren. Das finde ich total wichtig, weil das kann sich auch ändern, denn ob ich etwas als emotionalen Notfall einstufe zum Beispiel, hängt ja auch davon ab, wie es mir gerade geht. Wenn ich fünf Tage nicht geschlafen habe, dann bin ich sicherlich bei kleineren Dingen im emotionalen Ausnahmezustand, als wenn ich total ausgeruht und richtig entspannt bin. Und diese Fälle durchzusprechen ist total wichtig. Und wie gesagt, wenn ich keinen Kontakt mit meinem Meta habe... dann muss ich mit dieser Person auch nicht klären, was für sie okay ist an Kontakt, sondern das muss der Center klären oder die Center.
Lou
00:27:45
Ist natürlich aber trotzdem Mehrarbeit für die Center-Person. Ich glaube, es wäre da einfacher, den direkten Kontakt zu suchen, aber es ist halt keine Pflicht.
Sonja Jüngling
00:27:59
Richtig und es kommt eben auf die Beziehungsform an. Also wenn die Menschen sich sowieso begegnen und auch eine gute Bindung haben, eine freundschaftliche Bindung oder eine partnerschaftliche, was auch immer, dann ist es sicherlich leichter und für alle auch angenehmer. Die Leute trauen sich dann auch mehr, wenn es im direkten Kontakt geklärt wird. Es geht auch schneller. Aber wenn die Personen vielleicht sich noch nicht mal begegnet sind, dann ist es schwierig. Und dann ist es halt auch wichtig, die Verantwortung bei der Entscheidung klar zu haben. Also nicht zu sagen, also hypothetisches Gespräch. Sag mal, du bist doch morgen bei Hans. Darf ich dich da anrufen? und dann sagt das Gegenüber, ich glaube, für Hans wäre das okay, ja, mach mal. Oder Hans würde dir das erlauben. Das wäre nicht in Ordnung. Genau, ich würde dann sagen, wenn ich der Center wäre, würde ich dann entweder sagen, das kann ich so nicht sagen, mein Gefühl wäre so und so. Und dann würde ich als Center entscheiden, muss ich das vorher mit Hans abklären oder kann ich das Risiko eingehen, dass das so gemacht wird. Also habe ich schon genug Informationen über Hans, dass ich weiß, okay, das kann ich tragen oder kenne ich Hans vielleicht noch gar nicht und muss erst mal gucken, wie Hans reagieren würde und wenn Hans dann sagt, auf gar keinen Fall will ich, dass du eine Nachricht kriegst, während wir zusammen sind, dann würde ich nicht der Person, die gefragt hat, sagen, nee, du darfst auf gar keinen Fall, sondern würde ich in mich gehen und würde erst mal gucken, okay, finde ich das wirklich okay? was ist eigentlich für mich wichtig und würde dann erstmal mit Hans diskutieren und Hans vielleicht vorwarten, zu sagen, du, das werde ich so nicht umsetzen können. Und also, ja, genau. Das ist tricky.
Lou
00:29:44
Ich glaube, es spielt aber auch eine Rolle, wie häufig das passiert.
Sonja Jüngling
00:29:49
Ja, definitiv.
Lou
00:29:51
Wenn es gefühlt täglich zu einer emotionalen Krise kommt, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass mindestens eine Person genervt ist und oder sich nicht gewertschätzt fühlt oder beides. Aber wenn da eine Person eher zurückhaltend ist und es eher ein Vertrauensbeweis ist, Wenn das mal passiert, angerufen zu werden, wenn eine Person bei einem Partner ist, dann kann es auch schön sein, wenn es für die Meta-Person auch okay ist.
Sonja Jüngling
00:30:26
Voll. Und ich finde es richtig schön, dass du gerade gesagt hast, dass es ein Vertrauensbeweis ist, wenn jemand sich traut, wenn eine Person sich traut, um Hilfe zu bitten. Das ist tatsächlich ein Vertrauensbeweis, wenn eine Person, die selten um Hilfe bittet, sich traut, ein Date zu stören, in dicke Anführungsstrichen. Ja. Und ich finde, es kommt auch auf den Kontext an. Also, wenn ich sage, boah, mir geht es gerade scheiße, mir wäre es wichtig, dass du schnell auf eine Nachricht antwortest, finde ich gut, dass die Person das sagt. Aber wenn die andere Person, die schnell auf eine Nachricht antworten soll, dann in der Kirche ist und bei der Taufe das Handy in der Hand halten muss und es auf laut hat, also das geht halt gar nicht. Oder die sind auf einer Kinky-Party, wo das Handy auf jeden Fall in den Schrank eingeschlossen wird. Also dann kann ein Mensch sowas halt nicht versprechen. Also es kommt auf den Kontext an, es kommt darauf an, wie die Menschen reagieren, es kommt auf die Absprachen an und es kommt darauf an, wie oft das passiert. Ja. Ich glaube, das wäre alles, was ich zu der Frage zu sagen hätte. Hast du noch was los?
Lou
00:31:25
Nee, ich glaube, du hast das sehr schön zusammengefasst.
Sonja Jüngling
00:31:29
Ich habe schon wieder vergessen, wer dran ist.
Lou
00:31:32
Jetzt bist du, glaube ich, dran.
Sonja Jüngling
00:31:34
Okay. Ich habe eine Frage zur Öffnung, also zur Beziehungsöffnung. Gibt es richtige oder falsche Gründe, poly zu leben? Ich würde die Frage noch erweitern. Gibt es richtige oder falsche Gründe, poly oder offen zu leben?
Lou
00:31:46
Hm. Ich finde schon, dass es auch falsche, in Anführungsstrichen, gründige Poly zu leben. Ich nehme jetzt mal ein drastisches Beispiel. Wenn eine Person eher narzisstisch veranlagt ist oder sagen wir sehr narzisstisch veranlagt ist und das so für sein Ego braucht, dann finde ich schon, dass es ein falscher Grund dafür ist.
Sonja Jüngling
00:32:21
Entschuldigung, magst du sagen, warum du denkst, dass es ein falscher Grund ist? Ich würde so gerne wegkommen von diesem Falsch. Also ich würde es auch als ungünstig sehen, aber magst du erklären, warum du das ungünstig findest?
Lou
00:32:32
Weil die Gefahr für alle beteiligten Personen einfach sehr hoch ist, dass eine Verletzung entsteht.
Sonja Jüngling
00:32:42
Weil?
Lou
00:32:45
Wie erkläre ich das? Also eine Person, die halt so veranlagt ist, der fehlt ja meistens eine oder ein Mindestmaß an Empathie. Und wenn es nur um die eine Person geht und es egal ist, was mit dem Gegenüber ist, dann finde ich das sehr schwierig und... Und damit bin ich auch schon selbst häufiger mit anderen Personen auf die Schnauze gefallen, sage ich jetzt mal.
Sonja Jüngling
00:33:21
Ja, also ich würde es genauso sehen, wenn der Grund für die Öffnung ausschließlich die Befriedigung des narzisstischen Egos ist. Und ich meine wirklich einen Narzissen, also einen echten Narzissen, diagnostizierten Narzissen.
Lou
00:33:32
Wobei es die Diagnose nicht mehr gibt.
Sonja Jüngling
00:33:34
Ja, ich weiß, stimmt, gibt es nicht, aber es gibt ja, genau wie alles ist ja auch Narzissmus in Anführungsstrichen, ich weiß gar nicht, es gibt es noch, aber das Wort ist glaube ich, ist ja auch egal. Ja. Es gibt da ja ein Spektrum. Also wenn es eine Person ist, die sehr stark unter einem Selbstwertproblem und unter einer Empathielosigkeit leidet, das ist ja eine Störung, die machen das ja nicht freiwillig, dann bedeutet das, dass der einzige Grund die Befriedigung des Egos ist und dass es dadurch eine gewisse Bedingungslosigkeit gibt. Das heißt, ich sage jetzt mal ganz krass, die Narzisstin, der Narzisst würde dann darauf scheißen, ob es der anderen Person schlecht geht. Und würde es vielleicht nicht mal merken. Und in dem Fall, wenn das der wirklich einzige Grund ist, bin ich da ganz bei dir. Ich habe dich ja unterbrochen. Hast du noch ein anderes Beispiel?
Lou
00:34:32
Ja, ich hatte noch ein Beispiel für in Anführungsstrichen richtige Gründe. Wenn es eher um Authentizität geht, Und halt Transparenz, weil das Leben, also ich kann mir, wie fange ich jetzt an? Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass eine Person durchs Leben geht, nur mit einer Person zusammen ist und sich nie in andere Personen verliebt und oder andere Personen spannend findet. Und damit transparent umzugehen, finde ich, ist eine gute Sache, weil ich Lügen nicht gerne mag. Und jetzt habe ich mich selbst verrannt.
Sonja Jüngling
00:35:33
Ja, tatsächlich fehlt mir jetzt auch der Bogen zum richtigen Ja. Grund. Ein richtiger Grund wäre für dich Authentizität?
Lou
00:35:42
Ja.
Sonja Jüngling
00:35:44
Also, ich würde das noch erweitern und würde dir zustimmen. Also, ich bin ja Und jedes Mal, wenn ich mit einer Person zusammen bin, bin ich ein bisschen anders. Also ich bin anders mit der einen Partnerperson, als ich bin mit meinen Kindern. Ich bin anders mit meinen Kindern, als ich bin mit der anderen Partnerperson. Und alle Teile davon sind ja authentisch ich. Und wenn ich eine hohe Bandbreite habe von unterschiedlichen Selbstanteilen, die unterschiedlich rauskommen, dann in Anführungsstrichen brauche ich die Polyamorie, um jedem meiner selbst zu begegnen. Meinst du das so in der Richtung? Also wenn ich dann authentisch ich sein will, brauche ich einfach mehrere Partnerpersonen. Ich könnte das natürlich auch im freundschaftlichen Kontext machen. Ich brauche da nicht unbedingt eine Beziehung zu öffnen. Aber wenn ich Also das könnte ein Grund sein, den ich für, obwohl wenn es um Brauchen geht, dann ist es ja wieder blöd.
Lou
00:36:44
Das war auch gerade mein Gedanke. Aber der Grundgedanke stimmt ja schon, dass nicht alles mit einer Person einfach möglich ist, allein von den Interessen her.
Sonja Jüngling
00:36:57
Ja. Also allein schon freundschaftlich. Ja. Also ich finde einer der richtigen Gründe, also ich finde richtig und falsch immer schwierig, aber ich finde es günstig, wenn die Beziehung geöffnet wird, weil die beiden miteinander gut sind. und sich Wachstum oder neue Erfahrungen gemeinsam wünschen. Also das muss dann nicht eine gemeinsame sexuelle Erfahrung sein, aber zu sagen, hey, ich will das mit dir erleben, ich will mit dir wachsen, ich habe Bock auf Prozesse, wir sind gut miteinander. Also dass beide entscheiden, wir möchten zusammen diesen Weg gehen, ist ein guter Grund zu öffnen. Es könnte aber auch ein guter Grund sein oder in Anführungsstrichen ein richtiger Grund sein, zu sehen, hey, ich merke, du bist... Also ich habe das Gefühl, du hast einen Crush auf die Person und ich merke, das macht mich überhaupt nicht eifersüchtig, sondern ich würde mir fast wünschen, dass du mehr Zeit mit der Person verbringen kannst, weil ich sehe, wie du strahlst. Das könnte auch ein guter Grund sein, eine Beziehung zu öffnen.
Lou
00:38:01
Voll.
Sonja Jüngling
00:38:02
Und wenn wir da sind, ein falscher Grund für mich, das habe ich auch schon oft gesagt, also... eine Beziehung zu öffnen, der Grund dafür sollte nicht sein, um meine Beziehung zu retten. Wenn ich merke, na, wobei, auch da muss ich natürlich für immer relativieren. Also, grundsätzlich, wir sagen, das ist kein guter Grund. Wenn allerdings wir uns schon einig sind, wir sind verheiratet, haben Kinder, die Kinder sind Also sieben und sechzehn. Ja, also auch noch weit auseinander. Und wir sagen, wir wollen aber dem Siebenjährigen auf jeden Fall noch ein sicheres Elternhaus geben. Und wir haben schon klar, wir haben eher eine WG-ähnliche Beziehung. Und mir fehlt der Sex aber fürchterlich. Dann kann, obwohl die Beziehung keine romantische Beziehung mehr ist und vielleicht der romantische Teil sehr schlecht ist, kann es trotzdem eine gute Idee sein, die Beziehung zu öffnen, damit eben die Nesting-Partnerschaft weiter bestehen kann. Das heißt, es kann sein, dass obwohl diese beiden Menschen sich auseinandergelebt haben und vielleicht sogar sich regelmäßig triggern und sauer aufeinander sind, sie aber entscheiden, wir möchten trotzdem zusammen sein. Ob das eine gute Entscheidung ist oder nicht, da kann man im Einzelfall drauf gucken. Aber es kann Situationen geben, wo es besser ist, eine schlechte Beziehung aufrecht zu erhalten, als sie aufzulösen. Und dann kann das durchaus ein Grund sein. Allerdings wäre mein Umweg immer, versucht doch erstmal die Beziehung wieder ein bisschen smoother zu machen, bevor er solche Experimente wagt. Weil das wird auf jeden Fall triggern und auslösen und schwierig sein und anstrengend sein. Ja. Also sagen wir mal so, um die Frage mal zu beantworten, gibt es richtige oder falsche Gründe, das ist auch in Anführungsstrichen geschrieben, Poly zu leben oder offen zu leben und da würde ich sagen, es gibt Gründe, die günstiger sind und es gibt Gründe, die weniger günstig sind, um eine Beziehung zu öffnen.
Lou
00:39:48
Hauptsache man ist sich darüber bewusst.
Sonja Jüngling
00:39:51
Hauptsache alle Menschen, die beteiligt sind, sind sich darüber bewusst. Das erlebe ich in meiner Praxis wirklich super häufig, dass eine Beziehungsöffnung besprochen wird und die eine Person hört emotional nicht exklusiv und die andere Person hört körperlich nicht exklusiv. Oder die eine Person hört nur körperlich nicht exklusiv und die andere hört emotional und körperlich nicht exklusiv. Also den Unterschied poly und offen klar zu haben und ob das bedeutet, eine Person regelmäßig zuhören. Oder mehrere Personen oder vielleicht sogar in der Öffentlichkeit sexpositive Party. Also zu benennen, was bedeutet das überhaupt, die Beziehung zu öffnen. Das ist, glaube ich, in jedem Fall sehr, sehr günstig. Und das beeinflusst dabei eben auch das in Anführungsstrichen richtig und falsch. Also wenn beide sagen, ey, wir waren beim Sexualtherapeuten, wir haben das echt versucht, unsere Sexualität, wir viben einfach nicht mehr zusammen oder wir haben vielleicht noch nie miteinander geweibt, wollen wir das auslagern. Das kann für die eine Beziehung genau die richtige Entscheidung sein und für die andere Beziehung kann es falsch sein. Ja. Aber dieser Bewusst, das Bewusstmachen und Transparent, das ist wichtig. Transparent heißt nicht an dieser Stelle, dass immer alles erzählt werden muss, aber dass transparent gemacht wird, dass das passiert, das wäre schon gut. Ja. Ja. Okay. Lu, du musst mir schon,
Lou
00:41:21
du musst mir nochmal helfen, bitte. Wer ist jetzt dran? Ich bin jetzt dran.
Sonja Jüngling
00:41:26
Alles klar.
Lou
00:41:28
Thema Lebensplanung. Wie gehe ich in einem Polykül mit einer ungewollten Schwangerschaft um?
Sonja Jüngling
00:41:35
Ja, das ist groß. Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen, also es gibt ja unterschiedliche Szenarien und wir haben uns jetzt, also ich habe uns quasi darauf geeinigt, dass wir gesagt haben, Weil das ist nämlich eine Frage, die uns gestellt wurde über Insta. Da ging es darum, dass es ein Polykül gibt und dann gab es eine ungewollte Schwangerschaft und dann wurden so Fragen gestellt wie, was ist, wenn unklar ist, wer der Vater ist, unabhängig davon, ob die Schwangerschaft ausgetragen wird oder nicht, wer hat überhaupt... Wer Anteil an dem Entscheidungsprozess und wer hat Anteil an dem Entscheidungsprozess zu haben, weil es gibt vielleicht auch Leute, die sich dann rausziehen, das ist wirklich ein großes Ding. Also ob in einem Polykül plötzlich ein Kind entsteht, von dem vielleicht nicht mal klar ist, wer der Vater ist, also wer der biologische Vater ist, das ist ein großes Ding. Und ich finde ehrlich gesagt... Also das ist jetzt so eine Sache, da würde ich sehr persönlich darauf antworten, weil ich finde mich da nicht kompetent genug zu entscheiden, wie man damit umgeht. Ich bin nicht geschult, mit einer ungewollten Schwangerschaft umzugehen, aber ich habe das natürlich schon begleitet und da wäre erstmal wichtig, Klar zu haben, wer könnte der potenzielle Vater sein? Also wer könnte der Samenspender sein? Oder ja, die Samenspenderin geht ja auch. Das klar zu haben, wer ist daran überhaupt beteiligt, diese Menschen anzusprechen und zu klären, okay, wer ist das? Wer möchte sich überhaupt an dieser Sache beteiligen, an diesem Prozess beteiligen? Von wem möchte die Person mit dem beschwangerten Uterus überhaupt Aufmerksamkeit an dieser Stelle? Weil es könnte ja auch sein, dass eine Person, die gar nicht der Samenspender, die Samenspenderin sein kann, trotzdem in den Prozess involviert sein soll. Also nur mal hypothetisch. Ich bin in einer Partnerschaft mit zwei Vulverträgerinnen, in einer Nesting-Partnerschaft. Und wir haben vielleicht schon drüber gesprochen, Kinder zu bekommen und dann ist eben eine ungewollte Schwangerschaft passiert und die beiden Personen, die in Frage kommen, die beiden Samenspenderinnen, wohnen gar nicht mit dem gleichen Haushalt, dann wäre ich schon dafür, trotzdem die Nestingpartnerin mit anzusprechen, weil... Die wird schon irgendwie als Elternperson involviert werden müssen. Es sei denn, die trennen sich oder trennen den Wohnraum. Und genau, das wäre das Erste, was ich mache, zu gucken, wer muss dabei sein bei dem Entscheidungsprozess, wer möchte dabei sein und da eine Einigung zu finden, weil es kann ja sein, dass eine Person sagt, es könnte sein, dass ich es bin, ist mir egal, du entscheidest, ich mache bei allem mit. Ja, könnte ja sein. Ja, wenn du entscheidest, ich muss als Vater involviert sein und das Geld tragen mit dir zusammenzuziehen, bin ich damit fein oder wenn ich mich ganz rausziehe, bin ich damit fein. Wenn ich das kann, dann kann ich sich auch rausziehen. Und dann muss beschlossen werden, erstmal, wie wird man mit der Schwangerschaft umgegangen? Ja, und das kann ja alles sein von wir brechen die Schwangerschaft ab bis hin zu wir beschließen jetzt schon, das Kind zur Adoption freizugeben. Ja, also da zu gucken und dann aber auch zu gucken, wie gehen wir nach der Geburt damit um? Müssen wir wissen, wer der Vater ist? Im Moment ist es ja so, dass Schwangerschaftsbeziehungen. Elternschaftstests innerhalb der Schwangerschaft möglich sind. Die sind aber in Deutschland, ich glaube, so halblegal und deswegen bietet die keiner an. Dann müsstest du ins Ausland gehen. Und da gibt es ja natürlich auch so shady Unternehmen, wo du nicht so sicher bist, ob das gilt. Das kostet außerdem einen Haufen Geld. Das heißt, in Deutschland ist es im Moment so, dass du eigentlich erst nach der Geburt eine Elternschaft wirklich nachweisen kannst. Und macht man den Test dann, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass es die eine Person ist, bei 99 Prozent liegt und die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Prozent bei 0,1 ist oder vielleicht sogar 0,0000001? Und wie macht man, machen die Menschen einen Vaterschaftstest? dann wirklich konkret darüber nicht zu entscheiden, weil ich finde, das ist keine Entscheidung, die man für immer da treffen kann, aber zumindest darüber zu reden, welche Optionen gibt es. Was heißt das, wenn der potenzielle Vater sagt, ich kümmere mich? Heißt das, er gibt das Geld? Heißt das, er zieht in den Haushalt? Heißt das, er besucht die dreimal in der Woche? Keine Ahnung. Also da wirklich konkret darüber zu sprechen, was heißt denn das? Was mir aber an dieser Stelle, bevor ich dich auch mal zu Wort kommen lasse, Was mir an dieser Stelle aber total wichtig ist, ist, dass ich eine Studie oder zwei Studien oder es ist keine echte wissenschaftliche Double-Blind-Studie gewesen, aber ich habe wissenschaftliche Arbeiten dazu gefunden, dass die Gefahr, in der Mutterfalle zu landen, in einem Polykül größer ist als in einem monogamen Setting. Damit meine ich, dass es im Polykül leichter ist, sich aus der Verantwortung zu ziehen, sowohl was die tägliche Care-Arbeit angeht, als auch was die Finanzen angeht. Und das ist für eine, ich sage jetzt mal, alleinerziehende Mutter in einem Polykül, also gar nicht allein, also die ist halt schnell eine Alleinerziehende, wenn eben mehrere Eltern mit eingebunden sind. Und das im Kopf zu behalten ist total wichtig und dass die vermutlich weiblich sozialisierte zukünftige Mutter sich klar macht, buckle up. Also du, wenn du noch nicht gelernt hast, um Hilfe zu bitten und für dein Recht einzustehen, dann musst du es jetzt lernen. Weil in einem Polykül ist die Gefahr groß, dass du häufig alleine da sitzt. Wenn du nicht wirklich klar machst, nee, Leute, so geht das nicht. Wir brauchen einen Notfallplan, jemand muss Essen bringen, ich brauche das geregelt, keine Ahnung. Also da ist es wichtig, dass die Schwangere Person sich da emotional entwickelt und es tut mir leid, dass die Verantwortung dort bei der schwangeren Person liegt, aber das ist eine echte Vorsorge für die anschließende Elternschaft. Denn wenn zwei oder mehr Eltern mit involviert sind und die sind nicht reflektiert oder vielleicht sogar Arschlöcher, dann passiert es schnell. dass die Schwange oder die Mutter dann nicht die Unterstützung bekommt, die sie dringend brauchen würde. Zumal du ja als Mutter einfach mit vielen beschäftigt bist, aber nicht mehr viel Energie dafür hast zu sagen, ey spinnst du eigentlich, du kommst jetzt wirklich hierher und bringst das Kind in die Kita. Ich glaube es hackt. Das kostet Kraft. Und manchmal kann ich das nicht. Und deswegen ist es wichtig, diese Kraft sich zu holen oder ein Netzwerk aufzubauen, was einen dabei unterstützt. Also die beste Freundin dazuzunehmen und zu sagen, du musst mir helfen, die zu überzeugen, dass es so nicht in Ordnung ist. Ich schaffe das alleine nicht. Ja, das wäre meine sehr lange Antwort damit. Was sagst du dazu, Lu?
Lou
00:48:22
Mir fällt gerade nichts ein, was du nicht schon gesagt hast. Mein Kopf ist nur vorhin bei dem Gedanken hängen geblieben, dass das ja auch ein sehr einschneidendes Erlebnis ist oder eine Erfahrung ist, ungewollt schwanger zu werden. Und da erstmal mit umzugehen, da ziehe ich vor jeder Person den Hut.
Sonja Jüngling
00:48:46
Voll. Und du hast ja auch nicht viel Zeit. Also es ist ja leider immer noch nicht legal, eine Schwangerschaft abzubrechen. Aber wenn du es machen möchtest, dann hast du die größten Chancen, dass es medizinisch in Ordnung geht, wenn du es bis zur 12. Schwangerschaftswoche machst. Danach ist es noch illegaler und das macht dann kein Arzt in Deutschland mehr. Und die 12. Schwangerschaftswoche, ey, das ist scheiß wenig. Ja, du erfährst es ja meistens erst in der 3. und 4., Dann hast du noch acht. Das sind zwei Monate für eine lebensverändernde Entscheidung, wo du dich vielleicht noch nie, also man muss ja auch erstmal ein Polykül an einen Tisch kriegen in zwei Monaten. Also das ist tough und das ist hart und ich finde, wenn ihr einen Menschen in eurem Umfeld habt, Oder selber betroffen seid, holt euch so viel Hilfe, wie es irgendwie geht und helft so viel, wie es irgendwie geht. Ich habe schon Menschen begleitet, die 12, 13, 20 Jahre mit der Entscheidung gehadert haben, die sie damals getroffen haben oder ihr Leben lang nicht glücklich damit sind. Ja, und da braucht es jede Unterstützung, die es geben kann. Und ich kann am Ende nie sagen, ist es eine richtige oder eine falsche Entscheidung. Es ist immer die richtige, weil ich die Alternative nicht kenne. Aber je besser ich den Entscheidungsprozess gemacht habe, je sicherer ich bin, dass ich zu dem Zeitpunkt mit allem, was ich hatte, die beste Entscheidung getroffen habe, desto besser kann ich am Ende auch damit umgehen. Selbst wenn ich jetzt sagen würde, hätte ich es mal anders gemacht. Aber wenn ich nicht drüber nachdenke, nicht drüber nachgedacht habe, acht Wochen lang und das Thema ignoriert habe und dann aus dem Bauch heraus entschieden habe, das Kind abzutreiben, dann werde ich vermutlich mehr mit Schuldgefühlen zu kämpfen haben, als wenn ich zwei Monate lang meiner ganzen Umwelt die Hölle heiß gemacht habe und gesagt habe, was mache ich, was mache ich, was mache ich. Drei Psychotherapiesitzungen, 16 Selbsthilfegruppen, zehn Erfahrungsberichte gelesen habe, weil dann eine informierte Entscheidung kann ich halt nur treffen, wenn ich mich informiere. Und je informierter die Entscheidung ist, desto feiner bin ich vermutlich am Ende damit.
Lou
00:50:50
Und ich möchte auch noch zwei Sachen ergänzen. Einmal im Falle eines Schwangerschaftsabbruches ist es nach meinem aktuellen Stand so, dass man sich auch... erst mal eine Beratung organisieren muss, also meistens bei Pro Familia oder einer ähnlichen Beratungsstelle, die halt bescheinigt, dass diese Beratung stattgefunden hat und dass man das wirklich möchte. Und ohne diesen Schein geht das in Deutschland meines Wissens nach gar nicht.
Sonja Jüngling
00:51:23
Und da wäre es halt wichtig, da auch jemanden zu finden, der wirklich pro-Ich ist und nicht kirchlich. Also es gibt auch bei der Kirche Menschen, die diese Entscheidung gut begleiten können. Aber es gibt auch welche, die sagen, das ist Mord und deswegen ist es keine Option und du bist ein schlechter Mensch, wenn du das tust. Das gibt es auch. Solltest du bei so einer Schwangerschaftsberatung sitzen, steh auf, wünsche einen guten Tag und such dir eine andere.
Lou
00:51:47
Ja, und die Zeit läuft. Leider.
Sonja Jüngling
00:51:50
Ja, richtig. Richtig.
Lou
00:51:52
Oder wenn Leute davor demonstrieren, die gegen Schwangerschaftsabbrüche sind, stelle ich mir auch sehr schwierig vor. Ich meine, ich habe irgendwo gelesen, dass das mittlerweile jetzt verboten ist. Hast du auch eine ähnliche Info? Also vor einer Schwangerschaftsberatung gegen Abbrüche zu demonstrieren?
Sonja Jüngling
00:52:20
Das wäre ja schön, wenn es verboten wäre. Also ich bin pro Abtreibungsmöglichkeit natürlich, weil das ist die Entscheidung der Person und ich finde es auch ehrlich gesagt, also ich kann das nachvollziehen, dass dann eben ein Kind, das ins Leben will, am Leben gehindert wird, dass das ethisch schwierig sein kann, das kann ich nachvollziehen. Gleichzeitig, ich kenne mindestens eine Person, die eine Person hat. Ich glaube sogar mehr. Ne, drei. Ich kenne sogar drei Personen, die gesagt haben, mich hat niemand gefragt, ob ich auf die Welt will oder nicht. Also es ist halt auch egal. Es ist schwanger, ein Kind auf die Welt zu bringen oder es abzubreiten. Beide Entscheidungen sind brutal für das Kind. So. Und ehrlich gesagt, ich finde es ganz schön vermessen zu sagen, das Kind muss unbedingt leben. Aber ich bin auch zum Beispiel pro assistiertem Suizid. Also ich finde die Entscheidung über das eigene Leben, das sollten die Personen selber treffen dürfen. Und ja, in dem Fall geht es nun mal um das Leben der Mutter. Also wir können noch so fortschrittlich sein und wir sind es leider nicht, aber wir könnten noch so fortschrittlich sein. ob du Mutter bist oder nicht, das ist so groß. Also niemand, niemand, niemand hat da was, also ich darf da eine Meinung zugeben, aber ob die Mutter die Schwangerschaft beendet oder nicht, das ist die Entscheidung der Mutter. Auf jeden Fall. Und ja, das ist natürlich schlimm für den Vater, da brauchen wir nicht drüber zu reden, wenn der dann overruled wird, also für den biologischen Vater. Aber am Ende Hat die Frau das behinderte Kind oder den ausgeräumten Unterleib oder stirbt und nicht der Mann. ... Das ist einfach so Entschuldigung. Also das tut mir leid, aber es gibt keine andere Lösung.
Lou
00:54:02
Das stimmt.
Sonja Jüngling
00:54:03
So und jetzt ist es eine Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche geworden. Das wollte ich gar nicht.
Lou
00:54:09
Macht nichts.
Sonja Jüngling
00:54:10
So ist das. So ist das. Okay, möchtest du noch was ergänzen zu der Frage? Wie gehe ich in einem Polykül mit einer ungewollten Schwangerschaft um?
Lou
00:54:18
Meine zweite Ergänzung, die ich vorhin noch im Kopf hatte, war, dass manche die Schwangerschaft auch erst im neunten Monat bemerken.
Sonja Jüngling
00:54:27
Ja, zwei Tage vor der Geburt, eine Stunde vor der Geburt, alles schon passiert und zwar nicht so selten. Ja, und dann hast du keine Wahl.
Lou
00:54:38
Ja, oder weniger Auswahl auf jeden Fall.
Sonja Jüngling
00:54:43
Ja, genau. Du kannst natürlich zur Adoption trotzdem freigeben und du kannst entscheiden, welcher Elternteil dabei sein muss, dabei sein darf, dabei sein möchte. Aber ja, im Idealfall sind alle ganz entzückt und entscheiden miteinander, wie sie Co-Parenting gut umsetzen können. Und im Idealfall hat das Kind nicht nur einen liebenden Elternteil, der sich um alles kümmert und immer da ist. sondern drei oder vier. Und ich kenne Kinder, die in einem Polykül, in einem liebenden Polykül groß geworden sind, die das unglaublich schätzen, so eine Variabilität und Vielfalt von Eltern zu haben und so ein großes Netzwerk zu haben von Menschen, die es lieben. Weil wenn du Eltern bist, liebst du bedingungslos und Über den muss Lust geliebt zu werden, fühlt sich einfach fantastisch an. Und dann kann halt auch mal eine Mutter, die eine postpartale Depression hat, sich zurückziehen, wenn es noch drei andere Menschen gibt, die sich kümmern und heile werden
Lou
00:55:41
kann sie dann. Im optimalen
Sonja Jüngling
00:55:44
Im optimalen Fall. Okay, so jetzt gucke ich mal ganz erschrocken wahrscheinlich auf die Folgenlänge. Ja, 58 Minuten. Und ich wüsste jetzt nicht großartig, was wir rausschneiden. Es wird eine lange Folge. Ich bin gespannt, wer es schneidet. Fall. Genau. So, gut. Lu, ich danke dir vielmals. Das war schön.
Lou
00:56:03
Finde ich auch.
Sonja Jüngling
00:56:06
Sehr gut. Genau. Und damit habt ihr auch gesehen, ihr lieben Hörenden, dass ich zwar fast immer spreche und damit auch viel aus meiner Feder kommt, was hier gesendet wird, aber alle Menschen, die hier mitwirken, auch mehr als kompetent sind, diesen Podcast inhaltlich zu füllen. Das ist mir einfach immer wieder total wichtig, das zu sagen. Also ich habe hier wirklich fachlich auch eine sehr einen sehr guten Resonanzraum und freue mich immer über die FAQ-Folgen. Wenn du Lust hast, eine Frage einzusenden, dann tu das gerne über unsere diversen Kanäle, die wir natürlich in die Shownotes packen. Denn wir brauchen natürlich auch für zukünftige Folgen FAQs. Also Fragen, die du hast an uns, sowohl was nicht-monogame als auch was monogame Konzepte angeht. was auch immer du da für eine Beziehungsfrage hast, die bis jetzt im Podcast noch nicht beantwortet wurde, versuchen wir eine FAQ-Folge zu beantworten oder da machen wir vielleicht sogar eine ganze Folge raus. Insofern, danke, dass du bis hierhin zugehört hast. Danke, dass du da warst, Lu.
Lou
00:57:04
Ich danke dir. Und allen zusammen einen schönen Tag. Och gerne.
Sonja Jüngling
00:57:06
Und allen zusammen einen schönen Tag. Och gerne. Okay, macht's gut. Bis dann. Tschüss. Tschüss. Schön, dass du bei der heutigen Folge dabei warst. Wir freuen uns, wenn du etwas Wertvolles mitnehmen konntest. Vielleicht magst du es dir kurz notieren? Was hat dich bewegt? Gab es einen Aha-Moment? Möchtest du etwas vom Gesagten umsetzen? Möchtest du uns dazu etwas mitteilen? Dann schreib uns unter podcast.sonja.joengling.de oder auf Instagram at MoPoCo-podcast. Wir sind total dankbar, wenn du uns Hinweise oder Tipps gibst, die den Podcast verbessern oder meine Arbeit ergänzen können. Und wir sind dankbar, wenn du uns unterstützt, finanziell oder ganz praktisch und wenn du uns weiterempfiehlst. Alle Infos dazu findest du unter mono-poly-co.letscast.fm. Und wir freuen uns, wenn du ganz viel Wohlwollen in die Welt und in dein Herz trägst. Denn jede Person darf fühlen, was sie fühlt und hat gute Gründe für alles, was sie tut. Also begegne jeder Person mit Wohlwollen, auch ganz besonders dir. Lass uns die Welt liebevoller und verständnisvoller machen. Untertitelung des ZDF für funk, 2017

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