#90 - Phänomene aus der Praxis - Hierarchie: Gleichbehandlung und Wunschvorstellungen
Gleichbehandlung und Wunschvorstellungen
29.06.2025 24 min
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser Praxisfolge zur Hierarchie erfährst du, wie du Machtdynamiken in deinen Beziehungen erkennst und aktiv gestaltest. Schluss mit unbewussten Mustern!
Nachdem wir in den letzten Folgen die theoretischen Grundlagen von Hierarchien in Beziehungen beleuchtet haben, geht es heute ans Eingemachte. Sonja teilt konkrete Einblicke aus ihrer Arbeit als Paarberaterin und zeigt auf, wie typische Phänomene in Hierarchien auftreten und wie du sowohl mit deinem eigenen Fürsorgebedürfnis als auch mit den Bedürfnissen einer dritten Partny umgehen kannst, um mehr Sicherheit zu schaffen.
📌 Themen dieser Folge:
- Gleichbehandlung wird erwartet: Warum fair nicht gleich und gleich nicht fair sein muss.
- Umgehung von Relationship-Grief: Warum wir uns die Trauer über die Andersartigkeit von Beziehungen oft verbieten.
- Hierarchiefreies Leben: Ist das immer ein gutes Ziel oder überfordern wir uns für ein naives Ideal?
- Wie gehe ich mit meinem Fürsorgebedürfnis um?
- Was mache ich als dritte Partny mit meinen Bedürfnissen?
🔗 Links & Ressourcen zur Folge:
- 🎧 #51 – H wie Hierarchie: Machtstrukturen in Mehrfachbeziehungen
- 🎧 #52 – Folge aus der Praxis: (nicht hierarchische) Hierarchie
- 🎧 #89 – H wie Hierarchie: Wie ich Gleichwertigkeit leben kann bei ungleichen Lebenssituationen
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Wenn du Fragen zu Hierarchien oder anderen Beziehungsthemen hast, schreib uns gerne! Deine Fragen können Teil zukünftiger Folgen werden und anderen Hörer:innen helfen.
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🎧 Danke fürs Zuhören – lass uns gemeinsam die Welt liebevoller und verständnisvoller machen - für dich, für deine Beziehung, für alle! ❤️
Zu Sonjas Beziehungs-Coaching und Blog-Beiträgen: https://sonjajuengling.de/
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Transkript
Hallo und herzlich willkommen bei Monogamie, Polyamorie und Co., dem Wissenspodcast rund
um Beziehungen aller Art. Mein Name ist Sonja Jüngling und zusammen mit meinem wundervollen
Helferlein Luna unter Unterstützung anderer lieber Menschen möchte ich Wissen und Handlungsmöglichkeiten
für Beziehungen in allen Formen für jede Person frei zugänglich machen. Damit wird
unsere geliebte Vielfalt noch sichtbarer und die Welt unserer Meinung nach viel bunter und schöner.
Heute gibt es eine Folge aus der Praxis mit einem Beispiel aus meiner Arbeit als Paarberaterin zum
Thema der letzten Folge. Höre dort doch gern kurz rein für Hintergrundinfos und Tipps, falls du sie
noch nicht kennst.
Wir
möchten darauf hinweisen, dass die Namen und Details aller meiner Fälle so
verfremdet sind, dass keine Zuordnung möglich sein sollte. Und dann geht es auch schon los mit der
nächsten Folge von MoPoCo, dem Wissenspodcast zu allen Formen von Beziehungen und Liebe.
Hello, hello. Heute gibt es eine Praxisfolge zum Thema Hierarchie 2. Wir haben uns den Titel
überlegt. Phänomene aus der Praxis, Gleichbehandlung und Wunschvorstellungen. Wie du dir denken
kannst, liebe hörende Person, spreche ich über Phänomene aus meiner Praxis als Partherapeutin.
Das ist die zweite Folge oder genau genommen die vierte Folge zum Thema Hierarchie. Du kannst
dir gerne die Folgen 51 und 52 sowie die Folge 89, also die Folge hiervor anhören, zu der diese
Folge gehört. Ich spreche heute über drei Phänomene in meiner Praxis und eine Frage, die den hierarchischen
Alltag in Polyamorien betrachtet. Als erstes habe ich mir das Phänomen rausgesucht, dass manche
Menschen eine absolute Gleichbehandlung erwarten. Und das geht definitiv in die Hose, denn ich kann
unterschiedliche Menschen nicht gleich behandeln. Unterschiedliche Menschen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten in unterschiedlichen Settings, die kann ich nicht absolut gleich behandeln. Ich kann
aber natürlich zusehen, dass ich diese Menschen gleichwertig behandle, dass ich gucke, dass sie die
gleichen Rechte und Pflichten haben und dass ich versuche, ungefähr gleich viel Energie aufzuwenden
und ein gleiches Maß an Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.
Ich kann die Unterschiede anerkennen und ich kann versuchen, die Unterschiede auszugleichen.
Also wenn ich Person B bin und ich habe mit Person A eine Nesting-Partnerschaft,
also wohne mit dieser Person zusammen und fahre mit ihr in Urlaub und feiere mit ihr Weihnachten
und Person C sehe ich nur alle sechs Wochen für vier Tage und die ist relativ neu,
dann kann ich mir anhören, was Person A und Person C sich wünschen und kann versuchen, das auszugleichen,
indem ich zum Beispiel Person A, die ja keine Hotelaufenthalte und alleine Zeit so häufig bekommt wie Person C,
dass es mit Person A mehr Dates gibt und dass es mit Person C mehr Alltag gibt.
Dass ich zum Beispiel, wenn ich dorthin fahre, entweder ich auch mal zum Coworking dahin fahre,
also dass wir weiterhin arbeiten oder dass die Person C auch mal in mein Heim kommt und wir dort einen Alltag zusammenleben.
Der Grund dafür, dass es eine absolute Gleichbehandlung, eine Erwartung zur absoluten Gleichbehandlung gibt, ist am Ende immer die Angst, ersetzt zu werden.
Also klar gibt es auch andere Nuancen und es gibt andere Geschmäcker dabei, aber am Ende möchte ich gleichwertig behandelt zu werden, um mich gleichwertig zu fühlen.
Aber das Ding ist halt, in einer Polyamorie brauche ich ja keine Angst zu haben, ersetzt zu werden, weil es ja parallel laufen kann.
Die Angst, ersetzt zu werden, ist ein total monogamer Gedanke.
Ich muss mich ja nicht entscheiden.
Also wenn ich eine Person A habe und sie liebe und alles läuft super und ich habe Person C und ich liebe sie und alles ist super.
Und ich habe bei beiden einen Vorteil für mich.
Ich bekomme bei beiden Bedürfnisse erfüllt, die mir gefallen.
Warum sollte ich mich dann entscheiden, weil mir phasenweise etwas mit Person A besser gefällt als mit Person C und umgekehrt?
Ich muss mich ja nicht entscheiden.
Und auch bei Monogamien stimmt das ja nicht.
Also ich muss mich ja nicht entscheiden.
Ich muss niemanden besser oder schlechter finden als andere Menschen.
Ich kann eine Person haben, mit der ich zusammenwohne und mit der anderen Person erzähle ich über die Arbeit und spiele Badminton.
Und mit der dritten Person gehe ich Schach spielen oder joggen oder mache Fußmassagen, was weiß ich.
Also in der Monogamie teilen wir das ja auch auf.
Denn alles mit einer für immer, Armeefie ist halt nicht realistisch.
Dafür sind wir Menschen einfach nicht gemacht.
Und dieses, es gibt nicht genug, dieses Gefühl, ich bekomme nicht genug oder ich muss das irgendwie aufteilen, das ist oft eine totale Lüge.
Es gibt nur ganz wenige Sachen, wo es wirklich um Konkurrenz geht, zum Beispiel Zeit. Aber auch da, das kann ich verändern. Ich kann die Zeit effizienter nutzen. Ich kann mehr Menschen auf einmal sehen. Ich kann weniger arbeiten. Ich kann so viel an meiner Zeit beeinflussen. Ja, ich kenne das Gefühl, dass es zu wenig ist. Ich habe auch immer zu wenig Zeit.
Aber selbst da gibt es Spielräume und es gibt nicht genug ist oft eine Lüge.
Ich weiß das, weil ich dieses Gefühl ganz oft zum Beispiel bei Essen habe.
Aber ich meine, wenn mir jetzt wirklich jemand die Lieblingsschokolade weg isst, mein Gott, dann gehe ich in den Laden und kaufe mir eine neue.
Aber das weiß ich oft nicht, weil ich will sie ja jetzt haben.
Aber sich bewusst zu machen, dass dieses es gibt nicht genug und ich konkurriere um diese Ressource,
dass das oft eine Lüge ist oder nicht zutrifft und dass das eine Sache ist, die wir aus dem kapitalistischen System gewöhnt sind,
Das ist einfach wichtig, sich das bewusst zu machen. Also das eine, was ich in meiner Praxis sehe, ist, dass Menschen versuchen, eine absolute Gleichbehandlung herzustellen. Das geht aber nicht. Menschen werden unterschiedlich behandelt werden müssen, weil sie unterschiedliche Dinge brauchen und dass sich das ausgleichen muss, weil die Menschen miteinander konkurrieren, ist ein monogamer Gedanke, der einfach oft nicht passend ist. Das ist Nummer eins.
Nummer zwei ist, dass das sogenannte Relationship Grief versucht wird zu umgehen. Also die Tatsache, dass Person A, mit der ich zusammenwohne als Person B, andere Dinge von mir bekommt als Person C, mit der ich nicht zusammenwohne, sorgt dafür, dass Person A immer neidisch auf Aspekte der Beziehung mit Person C ist und dass Person C immer ein bisschen neidisch ist auf Aspekte der Beziehung mit Person A. Wird natürlich um ein Vielfaches komplexer, wenn es noch mehr Beziehungen gibt.
Und da klar zu haben, dass das normal ist, ja, schwieriger Begriff normal, aber das ist total üblich, dass ich, wenn ich Dinge sehe, die ganz anders sind als meine Lebensrealität, dass ich dann denke, oh, das will ich auch.
Weil ich sehe ja nur die guten Sachen, die negativen Sachen sehe ich gar nicht.
Und klar zu haben, Relationship Grief, also der Neid auf die andere Beziehung oder auf Aspekte der anderen Beziehung, das ist üblich und es ist nicht wegzukriegen und es gehört dazu, weil jede Beziehung nun mal anders ist, jeder Mensch anders ist und wir glücklicherweise ja immer mehr wollen.
Also das ist ja einer der Punkte, der uns Menschen als Spezies so erfolgreich macht. Wir wollen immer mehr. Wenn wir zufrieden sind mit dem, was wir aktuell haben, dauert es zwei Monate, dann haben wir Ideen entwickelt, wie es noch besser gehen könnte. Und dann fängt es wieder von vorne an. Also sich daran zu gewöhnen, dass ich auf bestimmte Aspekte neidisch bin und dass ich Sehnsüchte habe und dass das dazugehört und dass ich nicht jeder Sehnsucht nachgehen muss, das ist ganz, ganz wichtig und hilfreich.
Also Relationship Grief zu umgehen, begegne ich ganz oft. Dass der Center versucht, Person A zu trösten, weil es nicht genug Abenteuer und Aufregung und Quality Time gibt und Person C zu trösten, weil es nicht genug Alltag gibt, das reibt einen manchmal total auf, wenn die Erwartung ist, dass der Schmerz weggeht.
Aber der wird wahrscheinlich, klar, trösten hilft immer, trösten ist immer gut, Anerkennung ist immer gut, aber er wird nicht weggehen. Das gehört einfach dazu. Wenn ich Paartherapeutin bin, kann ich nicht gleichzeitig Biologin sein und Fledermäuse im Amazonasbecken zählen. Das geht nicht. Da muss ich einfach mit klarkommen.
Und zufrieden sein mit dem, was ich habe, das ist, by the way, eine totale Monokompetenz. Das ist Spoiler Alert zu einer Folge, die wir demnächst machen. Ich rede ganz oft davon, dass ich Kompetenzen brauche, um Poly zu leben, aber ich brauche auch Kompetenzen, um Mono zu leben und viele Polys haben die Kompetenzen nicht. Und eine davon ist mit dem zufrieden sein, was es gibt.
Weil üblicherweise als Poly, also zumindest als offener, beziehungsanarchistisch lebender, polyamore Mensch, kann ich prinzipiell alles haben.
Aber das hilft nicht unbedingt dabei, mit dem zufrieden zu sein, was ich bekomme.
Und das ist eine Eigenschaft, die ich nur ganz schlecht habe.
Ich kenne tatsächlich Poly-Menschen, die sie haben, aber ich habe sie nicht.
Ich komme damit sehr schlecht klar, wenn ich etwas will, das nicht zu bekommen und mit dem zufrieden zu sein, was ich habe.
Also ich mache das an einem Menschen fest.
Es gibt durchaus Menschen, da habe ich andere Vorstellungen von der Beziehung zu diesen Menschen als diese Menschen und ich bekomme das aber nicht.
Und dann trotzdem zufrieden sein mit dem, was ich bekomme und mir nicht das auch noch zu versauen, da bin ich noch nicht so gut drin.
Und das ist eine Kompetenz, die in einer Monoamorie natürlich total wichtig ist.
Weil in einer Monoamorie, also es ist eine Mehrzudenken, dass ich keine Lust auf andere Menschen habe.
Aber dann Maßnahmen einzuleiten, dass ich nicht anfange, mich nach dem Menschen, auf dem ich einen Crush habe, zu verzehren,
sondern mir diese Gedanken bewusst verbiete, damit die Gefühle zu diesem Menschen nicht größer werden,
weil ich ja mit einer Person nur glücklich sein möchte.
Das ist eine große Kompetenz und das kann man üben.
Das kann Mensch wirklich üben.
Punkt zwei, Relationship Grief wird versucht zu umgehen.
Da hilft Akzeptanz und zu lernen, mit dem zufrieden zu sein, was Mensch hat, was da ist.
Die dritte Version, die ich erlebe im Zusammenhang mit Hierarchie ist,
dass versucht wird, hierarchiefrei zu leben, absolut hierarchiefrei,
Obwohl es nicht die beste Lösung ist, wenn ich eine Fernbeziehung habe mit einer Person C, die keine weitere Person hat und sich eine sehr enge Verbindung wünscht.
Und ich habe eine andere Beziehungsperson, Person A, mit der ich zusammen wohne. Wir haben kleine Kinder und wir sind es schon seit 15 Jahren gewohnt, die Nummer 1 voneinander zu sein und haben unser Leben komplett von vorne bis hinten durchgeplant, was Versorgungsrollmachten und so angeht.
So, dann gibt es jetzt diese neue Person und die wünscht sich natürlich, gleichwertig behandelt zu werden.
Und ich möchte das gerne und erwarte, dass ich absolut hierarchiefrei bin schon ab Beginn dieser Beziehung.
Dabei ist ja noch gar nicht klar, die neue Beziehung, ob die überhaupt so eng werden kann, ob die überhaupt hält.
Und an der Stelle ist vielleicht auch noch zu erwähnen, dass die Person C einen großen Sog und eine große Erwartung hat,
weil es eben keine weitere Person gibt, dass ich das aber gar nicht tragen kann oder will.
Also wenn Person C mit mir alles teilen will, den ganzen Alltag,
und ich habe aber einfach gar nicht die Kapazitäten, da gibt es dann doch eine Konkurrenz natürlich,
habe gar nicht die Kapazitäten, alles mit dieser Person zu teilen,
ich habe gar nicht die Kapazitäten, eine hundertprozentige Beziehung zu leben,
weil ich eben noch eine andere Beziehung habe,
dann ist absolute Hierarchiefreiheit nicht die beste Lösung.
Weil dann ist halt klar, okay, es gibt hier eine strukturelle Hierarchie.
du hast alles, was Beziehungen angeht, möchtest du auf mich projizieren und ich habe aber alles, was Beziehungen angeht, möchte ich auf zwei Menschen projizieren,
dann funktioniert eine absolute Hierarchiefreiheit nicht.
Es wird für die Person C sich dann immer ungenügend anfühlen, wenn die Erwartung ist, eine vollwertige Beziehung mit mir zu haben.
Und da dann trotzdem hierarchiefrei zu leben, weil die Beteiligten denken, das ist irgendwie politisch korrekt und Machtstrukturen sind scheiße,
Also stimme ich mit überein als Frau in einer patriarchalen Gesellschaft, finde ich, macht Strukturen richtig blöd.
Aber sie sind ja da.
Es ist ja nun mal so, dass ich Gewohnheiten, Rituale, Verbindungen, Verwirrungen, Wissen mit einer Person mehr habe als mit der anderen.
Es gibt da eine strukturelle Hierarchie.
Ich kann daran arbeiten, dass das ausgeglichen wird, dass sich Person C integriert fühlt und dass das besser wird.
Aber ich kann nicht zaubern.
Und dass eben absolut versucht wird, hierarchiefrei zu leben, obwohl es nicht die beste Lösung ist, weil einfach die Struktur es nicht hergibt.
Das ist das dritte Phänomen, was mir begegnet.
Und da können eben viele Gründe dagegen sprechen.
Persönlichkeitsgründe, Erwartungen, das Setting kann eine Rolle spielen.
Und das einfach anzuerkennen, dass das so ist und dass es manchmal nicht in meiner Macht steht, das ist wichtig.
Und ich kann es nicht oft genug sagen, hierarchiefrei ist nicht per se besser oder politisch korrekter,
als hierarchievoll oder mit Hierarchie zu leben, denn es kommt wirklich darauf an, was wer will.
Wenn Person C selbst eine Nesting-Partnerschaft hat, dann ist sie vielleicht sehr zufrieden damit, dass sie nicht zu Weihnachten eingeladen wird.
Oder wenn Person C gar keinen Bock auf Kitchen-Table-Poly hat, dann ist sie vielleicht auch froh darüber, nicht zu den großen Weihnachtsfesten und Geburtstagen eingeladen zu werden, wo das ganze Polykül mit allen PartnerInnen und Kindern abhängt.
Also da wirklich zu gucken, was wird eigentlich gewollt und wie wollen wir es leben?
An welcher Stelle ist es eine gewünschte Machtungleichheit und an welcher Stelle ungewünscht?
Das ist ganz, ganz wichtig.
So, dann haben wir als letztes noch eine Frage im Umgang mit Hierarchie.
Und zwar, wie mache ich das?
Also wie gehe ich damit um, wenn es meiner Secondary Partnerschaft,
also die Person, die vielleicht in einer Fernbeziehung ist und die vielleicht später dazugekommen ist, nicht gut geht?
Also was ist, wenn ich einen Fürsorgewunsch für beide Partnerpersonen habe
und ich aber an die Fernbeziehung gar nicht so recht rankomme
und vielleicht meine Nesting-Partnerschaft sich aber auch noch bedroht fühlt.
Und die Frage ist hier, welche Partnerin darf in meinen sozialen Raum,
den ich mit Partnerin A teile, eintreten?
Wann? Wie viel? Wie kann das geregelt werden?
Und was heißt dürfen eigentlich in dem Bereich?
Also wenn ich entscheide, ob die Fernbeziehung da rein darf oder nicht,
dann haben wir ja keine Augenhöhe.
Und es wäre ja schön, eine Augenhöhe zu haben.
Wie kann ich das regeln? Wie kann ich das regeln? Wie in jedem Polykül ist es wichtig, eine bewusste, gut informierte Entscheidung zu treffen. Also es ist wichtig, mit Person A zu reden, was die sich vorstellt und was da machbar ist. Mit Person C zu reden, wie die sich das vorstellt und was da machbar ist.
Und mit mir selber zu reden, wie ich mir das vorstelle und was machbar ist und da ehrlich zu sein und in die Abgründe zu gucken und in die Bedürfnisse zu gucken und dann eine informierte Entscheidung zu treffen. Am besten mit dem Einverständnis von allen, am besten so, dass jede Person eine Eigenverantwortung übernehmen kann.
Und da kann es durchaus sinnvoll sein, sich auch nochmal klarzumachen, was heißt das eigentlich in den sozialen Raum eintreten?
Darf es Berührungspunkte mit den Kindern geben? Wer macht was? Bei Mahlzeiten vorbereiten.
Also da den sozialen Raum auch benennen zu können, ist total wichtig.
Und das ist jetzt aus der Sicht von Person B und dann auch aus der Sicht von Person A.
Aber was mache ich denn, wenn es darum geht, dass ich die Person bin, die die Fernbeziehung ist, die die Secondary ist?
Wenn ich Person C bin und Wünsche habe und dann vor diesem Wir stehe, was in einer Nesting-Partnerschaft einem oft entgegenkommt. Das ist halt total schwierig, weil abgesehen davon, dass ich mich ohnehin schon alleine fühle, weil ich zwei Menschen gegenüberstehe und andere Wünsche habe als die.
Abgesehen davon, dass ich tatsächlich mir wünsche, hierarchiefrei zu leben oder dass ich mir wünsche, von den beiden Menschen willkommen geheißen zu werden und mitbestimmen zu können und nicht vor verordnete Tatsachen gesetzt zu werden.
Also nicht von denen mitgedacht werden, sondern wirklich gefragt zu werden, wie ich es am liebsten habe und gemeinsam Entscheidungen zu treffen, kommt ja noch die Statussicherheit, die ich in der letzten Folge erwähnt habe, dazu.
Selbst wenn das alles richtig schön abläuft und ich gefragt werde und die Beziehung konsensuell gefällt wird und so,
ist ja immer noch das Problem, dass ich eben ein Problem mit meiner Statussicherheit habe,
vielleicht ein Problem damit habe, sozial nicht so anerkannt zu werden
oder ein Problem damit habe, Ängste habe, dass ich vielleicht gar nicht so anerkannt bin,
alleine durch die Tatsache, dass die Beziehung zwischen mir und dem Partner erst zwei Jahre und die andere 20 Jahre alt ist.
Ja, setze ich viele Fragen auf und habe sie im Grunde genommen auch schon beantwortet.
Viele Informationen, viel Reden, viel Verhandlungen, viel konsensuell, viel bewusst machen und mir selber erlauben,
meinen Teilhabewunsch, meinen vielleicht Nummer-eins-Gefühl an manchen Stellen Wunsch,
vielleicht meine Statusangst, vielleicht meine Angst, herausgedrängt zu werden,
vielleicht meine Angst, ausgeschlossen zu werden, zu formulieren, aber ohne Vorwurf,
ohne dass daraus eine klare Handlungserwartung entsteht.
Weil genau wie in einer Zweierbeziehung ein Teamgedanke hilft, ist es in diesem Fall in einem Dreiersetting auch wichtig zu gucken, okay, was haben wir für Probleme?
Was haben wir für Kompetenzen? Und wie können wir zu dritt als Team das lösen?
Also da ist es Agile Management, wie können die Kompetenzen aller Menschen am besten genutzt werden und die Unfähigkeiten aller Menschen am besten ausgeglichen werden, kann da total helfen.
Und tatsächlich, je nachdem wie viele Menschen beteiligt sind, kann diese Frage, wie kann ich mich gleichwertig integriert fühlen als Fernbeziehung, als Secondary, kann wirklich sehr raumgreifend sein.
Und das ist aber gut so, sich das einmal zu gönnen, damit eben sich neue Routinen einschleichen, weil wir sind es gewöhnt, dass alles im Zweierkontext gedacht wird.
Aber ist ja in diesem Fall nicht so.
Das war jetzt die vierte von vier Folgen zum Thema Hierarchie.
Ich habe an ganz vielen Stellen bestimmt Formulierungen benutzt, die nicht ganz sauber für alle Menschen waren.
Ich habe Hierarchie benutzt, wo eigentlich das Wort Macht nötig wäre.
Ich habe Schleifen gedreht an Stellen, wo es da eine Unklarheit gibt.
Also ich bin mir sicher, das geht besser.
Und ich bin mir sicher, dass es Menschen gibt, die sich nicht gut repräsentiert fühlen an der Stelle,
weil es da einfach, und das erlebe ich immer wieder in meiner Praxis, weil es da sehr viel Schmerz gibt.
Weil eben diese unsichtbaren Strukturen, diese soziale Anerkennung der Ehe, diese Erwartung, dass zwei gut sind und eine dritte Person stört, dass es ein Wir und ein Du gibt und solche Geschichten, das macht vielen Menschen gerade in einer Polyamorie sehr viel Schmerz, der aber auch in der Monoamorie schon entstanden ist.
Wieso bin ich als Freundin weniger wert als als Partnerin zum Beispiel? Und da ist es mir ganz wichtig nochmal zu sagen, ich darf mein Fairness-Gefühl immer wieder wahrnehmen und hinterfragen und dafür sorgen, dass es hergestellt wird.
Fairness bedeutet nicht, dass alle gleich behandelt werden, aber Fairness bedeutet, dass zumindest auf alle gleich wohlwollend geguckt wird und dass darüber geredet wird.
Also wenn auf dem Papier etwas fair erscheint, Aufteilung von zwei Wochen und zwei Wochen zum Beispiel, dann muss es noch lange nicht heißen, dass alle in diesem Setting sich auch wirklich fair behandelt fühlen, weil da eben wie immer der Teufel steckt im Detail.
Weil da eben an dieser Stelle, wie immer, der Teufel im Detail steckt. Und da ist es wichtig zu gucken, okay, woher kommt mein Fairness-Gefühl? Was ist meine Erwartung? Was sind meine eigenen Werte? In Bezug auf Fairness, in Bezug auf Machtungleichheit, in Bezug auf Hierarchie, in Bezug auf strukturelle Hierarchie, was denke ich darüber?
Also da klar zu haben, was finde ich fair, was finde ich unfair, wie sehe ich das eigentlich, ist ganz wichtig. Und dann zu gucken, was will mein Ego denn? Und das wirklich gut zu trennen, weil ich sage das ganz oft, wenn ich es mir aussuchen könnte und alle glücklich damit wären, dann würde ich alle meine Partnerpersonen mit dem Ausknopf versehen und würde die in die Ecke stellen, dass sie kein anderes Leben haben außer mir, damit ich sie immer abrufen kann und haben kann, wenn ich sie brauche.
Keine Ahnung, ob mich das irgendwann langweilen würde, aber mir geht das manchmal schon auf den Sack, dass die Person, auf die ich gerade Lust habe, vielleicht manchmal keine Lust auf mich hat oder keine Zeit für mich hat. Und natürlich lebe ich nicht so. Natürlich versuche ich fair zu leben, aber das ist eben der Unterschied. Mein Ego wünscht sich, dass ich der Mittelpunkt des Universums bin und dass alles so gemacht wird, wie ich das gerne möchte. Und mir fällt es schwer, wenn Leute mir widersprechen. Ich finde das richtig blöd. Und natürlich ermutige ich sie trotzdem dazu, weil ich möchte, dass mein Widerspruch auch gehört wird.
Das meine ich mit dem Ego. Es gibt so trotzige Wünsche, so ein, das brauche ich jetzt, das will ich jetzt, das habe ich verdient und dann gibt es meine echten, fairen Werte und mein Wertesystem. Und die wollen oft nicht die gleichen Dinge. Und da klar zu haben, was ist mein Wertesystem und was ist mein Ego, was will ich gerade und was brauche ich wirklich, wenn ich mal ganz fair darüber nachdenke im Vergleich zu anderen wirklich.
Und wenn ich das klar habe, dann ist es vermutlich, was die Langfristigkeit angeht, gut oder die langfristig beste Lösung, wenn ich meinen Fairness-Gedanken und meine Werte über mein Ego stelle und lerne, mit Zurückweisung umzugehen und damit umzugehen, wenn ich nicht das kriege, was ich mir wünsche.
Und das ist eine Aufgabe, eine Lebensaufgabe, finde ich.
Und es ist gar nicht so einfach.
Und es ist so gut und wichtig, wenn ich das lerne,
damit ich eben nicht zurücksichtslosen Egozentrikerin werde
und über die Menschen in meinem Leben einfach hinweglatsche,
weil dann werde ich irgendwann ziemlich alleine sein.
Also ein Gefühl dafür zu haben, wann ich mein Ego zurückstellen kann,
darf und wie ich das auch kann,
wie ich das aushalte, nicht meinen Willen zu kriegen,
indem ich nämlich auf meine Gefühle gucke, herausfinde,
was ist das Bedürfnis dahinter,
Warum reagiere ich so angepiekst und dann schaue, okay, was gibt es für Alternativen?
Alles leichter gesagt als getan natürlich, aber das ist das, was ich abschließend zur Hierarchie sagen möchte.
Hierarchiefreiheit ist ein schöner Gedanke, der ist wichtig und wertschätzend.
Und wenn ich den haben möchte, dann ist es wichtig, klar zu haben, wo ist mein Ego und wo sind meine Werte, was ist fernes für mich,
damit ich langfristig eine gute Lösung hier finden kann und mich auch traue, schwere Themen anzusprechen,
damit wir eine für das ganze Polykül gute Lösung finden können.
Wenn du noch Meinungen dazu hast, was ergänzen möchtest, eine Frage dazu hast,
melde dich gerne, wenn wir es nicht nachträglich in die Folge basteln,
dann beantworten wir es vielleicht in einer der FAQ-Folgen, die demnächst kommt.
Und zum Schluss möchte ich natürlich wie immer einen kleinen Aufruf starten.
Und zwar geht es heute um Spenden.
Dieser Podcast ist ein ehrenamtliches Projekt, aber Hosting, Software, das kostet alles Geld.
Auch mal einen Stift kaufen, um Bilder zu malen oder so.
Und wenn du Lust hast, uns zu unterstützen, dann freue ich mich total, wenn du uns eine Spende zukommen lässt in Höhe deiner Wahl.
Also mir reicht da völlig das Äquivalent eines leckeren Getränkes oder uns reicht das völlig.
Mehr ist natürlich jederzeit willkommen.
Regelmäßig ist natürlich jederzeit willkommen.
Und ich freue mich vor allem darüber, wenn bei der Spende im Betreff oder parallel dazu als Mail eine Info darüber kommt, von wem die Spende kommt.
Weil vielleicht möchten wir uns ja revanchieren und eins von den kleinen Gimmicks schicken, die es beim Koko mittlerweile dank ganz vielen guten Helferleins auch gibt.
Ich denke da an Schlüsselanhänger, Kulis, Magnete für den Kühlschrank.
Genau.
So, und jetzt wünsche ich einen fantastischen Tag und sag mal, bis dahin.
Schön, dass du bei der heutigen Folge dabei warst.
Wir freuen uns, wenn du etwas Wertvolles mitnehmen konntest.
Vielleicht magst du es dir kurz notieren oder dir einen Moment nehmen, das gehörte noch ein bisschen sacken zu lassen?
Wenn dir unsere Inhalte gefallen, empfiehl uns weiter.
Gib uns gerne eine 5-Sterne-Bewertung auf den bekannten Podcast-Plattformen oder schreib uns unter podcast@sonjajuengling.de.
Wir freuen uns, wenn du mit oder ohne unsere Impulse ganz viel Wohlwollen in die Welt und in dein Herz trägst.
Denn jede Person darf fühlen, was sie fühlt und hat gute Gründe für alles, was sie tut.
Lass uns die Welt liebevoller und verständnisvoller machen.
Und jetzt genieß dich und einen wundervollen Tag.
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